An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande kann Zweckmäßigkeit vorgestellt werden: entweder aus einem bloß subjektiven Grunde, als Übereinstimmung seiner Form, in der Auffassung (apprehensio) desselben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermögen, um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis überhaupt zu vereinigen; oder aus einem objektiven, als Übereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der vorhergeht und den Grund dieser Form enthält. Wir haben gesehen: daß die Vorstellung der Zweckmäßigkeit der ersteren Art auf der unmittelbaren Lust an der Form des Gegenstandes in der bloßen Reflexion über sie beruhe; die also von der Zweckmäßigkeit der zweiten Art, da sie die Form des Objekts nicht auf die Erkenntnisvermögen des Subjekts in der Auffassung derselben, sondern auf ein bestimmtes Erkenntnis des Gegenstandes unter einem gegebenen Begriffe bezieht, hat nichts mit einem Gefühle der Lust an den Dingen, sondern mit dem Verstande in Beurteilung derselben zu tun. Wenn der Begriff von einem Gegenstande gegeben ist, so besteht das Geschäft der Urteilskraft im Gebrauche desselben zum Erkenntnis in der Darstellung (exhibitio), d. i. darin, dem Begriffe eine korrespondierende Anschauung zur Seite zu stellen: es sei, daß dieses durch unsere eigene Einbildungskraft geschehe, wie in der Kunst, wenn wir einen vorhergefaßten Begriff von einem Gegenstande, der für uns Zweck ist, realisieren, oder durch die Natur, in der Technik derselben (wie bei organisierten Körpern), wenn wir ihr unseren Begriff vom Zweck zur Beurteilung ihres Produkts unterlegen; in welchem Falle nicht bloß Zweckmäßigkeit der Natur in der Form des Dinges, sondern dieses ihr Produkt als Naturzweck vorgestellt wird. - Obzwar unser Begriff von einer subjektiven Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Formen, nach empirischen Gesetzen, gar kein Begriff vom Objekt ist, sondern nur ein Prinzip der Urteilskraft sich in dieser ihrer übergroßen Mannigfaltigkeit Begriffe zu verschaffen (in ihr orientieren zu können): so legen wir ihr doch hiedurch gleichsam eine Rücksicht auf unser Erkenntnisvermögen nach der Analogie eines Zwecks bei; und so können wir die Naturschönheit als Darstellung des Begriffs der formalen (bloß subjektiven), und die Naturzwecke als Darstellung des Begriffs einer realen (objektiven) Zweckmäßigkeit ansehen, deren eine wir durch Geschmack (ästhetisch, vermittelst des Gefühls der Lust), die andere durch Verstand und Vernunft (logisch, nach Begriffen) beurteilen.
Hierauf gründet sich die Einteilung der Kritik der Urteilskraft in die der ästhetischen und teleologischen; indem unter der ersteren das Vermögen, die formale Zweckmäßigkeit (sonst auch subjektive genannt) durch das Gefühl der Lust oder Unlust; unter der zweiten das Vermögen, die reale Zweckmäßigkeit (objektive) der Natur durch Verstand und Vernunft zu beurteilen, verstanden wird.
In einer Kritik der Urteilskraft ist der Teil, welcher die ästhetische Urteilskraft enthält, ihr wesentlich angehörig, weil diese allein ein Prinzip enthält, welches die Urteilskraft völlig a priori ihrer Reflexion über die Natur zum Grunde legt, nämlich das einer formalen Zweckmäßigkeit der Natur nach ihren besonderen (empirischen) Gesetzen für unser Erkenntnisvermögen, ohne welche sich der Verstand in sie nicht finden könnte: anstatt daß gar kein Grund a priori angegeben werden kann, ja nicht einmal die Möglichkeit davon aus dem Begriffe einer Natur, als Gegenstande der Erfahrung im allgemeinen sowohl, als im besonderen, erhellet, daß es objektive Zwecke der Natur, d. i. Dinge die nur als Naturzwecke möglich sind, geben müsse; sondern nur die Urteilskraft, ohne ein Prinzip dazu a priori in sich zu enthalten, in vorkommenden Fällen (gewisser Produkte), um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke Gebrauch zu machen, die Regel enthält; nachdem jenes transzendentale Prinzip schon den Begriff eines Zwecks (wenigstens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den Verstand vorbereitet hat.
Der transzendentale Grundsatz aber, sich eine Zweckmäßigkeit der Natur in subjektiver Beziehung auf unser Erkenntnisvermögen an der Form eines Dinges als ein Prinzip der Beurteilung derselben vorzustellen, läßt es gänzlich unbestimmt, wo und in welchen Fällen ich die Beurteilung, als die eines Produkts nach einem Prinzip der Zweckmäßigkeit, und nicht vielmehr bloß nach allgemeinen Naturgesetzen anzustellen habe, und überläßt es der ästhetischen Urteilskraft, im Geschmacke die Angemessenheit desselben (seiner Form) zu unseren Erkenntnisvermögen (sofern diese nicht durch Übereinstimmung mit Begriffen, sondern durch das Gefühl entscheidet) auszumachen. Dagegen gibt die teleologisch-gebrauchte Urteilskraft die Bedingungen bestimmt an, unter denen etwas (z. B. ein organisierter Körper) nach der Idee eines Zwecks der Natur zu beurteilen sei; kann aber keinen Grundsatz aus dem Begriffe der Natur, als Gegenstandes der Erfahrung, für die Befugnis anführen, ihr eine Beziehung auf Zwecke a priori beizulegen, und auch nur unbestimmt dergleichen von der wirklichen Erfahrung an solchen Produkten anzunehmen: wovon der Grund ist, daß viele besondere Erfahrungen angestellt und unter der Einheit ihres Prinzips betrachtet werden müssen, um eine objektive Zweckmäßigkeit an einem gewissen Gegenstande nur empirisch erkennen zu können. - Die ästhetische Urteilskraft ist also ein besonderes Vermögen, Dinge nach einer Regel, aber nicht nach Begriffen, zu beurteilen. Die teleologische ist kein besonderes Vermögen, sondern nur die reflektierende Urteilskraft überhaupt, sofern sie, wie überall im theoretischen Erkenntnisse, nach Begriffen, aber in Ansehung gewisser Gegenstände der Natur nach besonderen Prinzipien, nämlich einer bloß reflektierenden, nicht Objekte bestimmenden Urteilskraft, verfährt, also ihrer Anwendung nach zum theoretischen Teile der Philosophie gehöret, und der besonderen Prinzipien wegen, die nicht, wie es in einer Doktrin sein muß, bestimmend sind, auch einen besonderen Teil der Kritik ausmachen muß; anstatt daß die ästhetische Urteilskraft zum Erkenntnis ihrer Gegenstände nichts beiträgt, und also nur zur Kritik des urteilenden Subjekts und der Erkenntnisvermögen desselben, sofern sie der Prinzipien a priori fähig sind, von welchem Gebrauche (dem theoretischen oder praktischen) diese übrigens auch sein mögen, gezählt werden muß, welche die Propädeutik aller Philosophie ist.