Wir verfahren mit einem Begriffe (wenn er gleich empirisch bedingt sein sollte) dogmatisch, wenn wir ihn als unter einem anderen Begriffe des Objekts, der ein Prinzip der Vernunft ausmacht, enthalten betrachten, und ihn diesem gemäß bestimmen. Wir verfahren aber mit ihm bloß kritisch, wenn wir ihn nur in Beziehung auf unser Erkenntnisvermögen, mithin auf die subjektiven Bedingungen, ihn zu denken, betrachten, ohne es zu unternehmen, über sein Objekt etwas zu entscheiden. Das dogmatische Verfahren mit einem Begriffe ist also dasjenige, welches für die bestimmende, das kritische das, welches bloß für die reflektierende Urteilskraft gesetzmäßig ist.
Nun ist der Begriff von einem Dinge als Naturzwecke ein Begriff, der die Natur unter eine Kausalität, die nur durch Vernunft denkbar ist, subsumiert, um nach diesem Prinzip über das, was vom Objekte in der Erfahrung gegeben ist, zu urteilen. Um ihn aber dogmatisch für die bestimmende Urteilskraft zu gebrauchen, müßten wir der objektiven Realität dieses Begriffs zuvor versichert sein, weil wir sonst kein Naturding unter ihm subsumieren könnten. Der Begriff eines Dinges als Naturzwecks ist aber zwar ein empirisch bedingter, d. i. nur unter gewissen in der Erfahrung gegebenen Bedingungen möglicher, aber doch von derselben nicht zu abstrahierender, sondern nur nach einem Vernunftprinzip in der Beurteilung des Gegenstandes möglicher Begriff. Er kann also als ein solches Prinzip seiner objektiven Realität nach (d. i. daß ihm gemäß ein Objekt möglich sei) gar nicht eingesehen und dogmatisch begründet werden; und wir wissen nicht, ob er bloß ein vernünftelnder und objektiv leerer (conceptus ratiocinans), oder ein Vernunftbegriff, ein Erkenntnis gründender, von der Vernunft bestätigter (conceptus ratiocinatus) sei. Also kann er nicht dogmatisch für die bestimmende Urteilskraft behandelt werden: d. i. es kann nicht allein nicht ausgemacht werden, ob Dinge der Natur, als Naturzwecke betrachtet, für ihre Erzeugung eine Kausalität von ganz besonderer Art (die nach Absichten) erfordern, oder nicht; sondern es kann auch nicht einmal darnach gefragt werden, weil der Begriff eines Naturzwecks seiner objektiven Realität nach durch die Vernunft gar nicht erweislich ist (d. i. er ist nicht für die bestimmende Urteilskraft konstitutiv, sondern für die reflektierende bloß regulativ).
Daß er es aber nicht sei, ist daraus klar, weil er als Begriff von einem Naturprodukt Naturnotwendigkeit und doch zugleich eine Zufälligkeit der Form des Objekts (in Beziehung auf bloße Gesetze der Natur) an eben demselben Dinge als Zweck in sich faßt; folglich, wenn hierin kein Widerspruch sein soll, einen Grund für die Möglichkeit des Dinges in der Natur, und doch auch einen Grund der Möglichkeit dieser Natur selbst und ihrer Beziehung auf etwas, das nicht empirisch erkennbare Natur (übersinnlich) mithin für uns gar nicht erkennbar ist, enthalten muß, um nach einer andern Art Kausalität als der des Naturmechanisms beurteilt zu werden, wenn man seine Möglichkeit ausmachen will. Da also der Begriff eines Dinges, als Naturzwecks, für die bestimmende Urteilskraft überschwenglich ist, wenn man das Objekt durch die Vernunft betrachtet (ob er zwar für die reflektierende Urteilskraft in Ansehung der Gegenstände der Erfahrung immanent sein mag), mithin ihm für bestimmende Urteile die objektive Realität nicht verschafft werden kann: so ist hieraus begreiflich, wie alle Systeme, die man für die dogmatische Behandlung des Begriffs der Naturzwecke und der Natur, als eines durch Endursachen zusammenhängenden Ganzen, nur immer entwerfen mag, weder objektiv bejahend, noch objektiv verneinend, irgend etwas entscheiden können; weil, wenn Dinge unter einem Begriffe, der bloß problematisch ist, subsumiert werden, die synthetischen Prädikate desselben (z. B. hier: ob der Zweck der Natur, den wir uns zu der Erzeugung der Dinge denken, absichtlich oder unabsichtlich sei) eben solche (problematische) Urteile, sie mögen nun bejahend oder verneinend sein, vom Objekt abgeben müssen, indem man nicht weiß, ob man über etwas oder nichts urteilt. Der Begriff einer Kausalität durch Zwecke (der Kunst) hat allerdings objektive Realität, der einer Kausalität nach dem Mechanism der Natur ebensowohl. Aber der Begriff einer Kausalität der Natur nach der Regel der Zwecke, noch mehr aber eines Wesens, dergleichen uns gar nicht in der Erfahrung gegeben werden kann, nämlich eines solchen, als Urgrundes der Natur: kann zwar ohne Widerspruch gedacht werden, aber zu dogmatischen Bestimmungen doch nicht taugen; weil ihm, da er nicht aus der Erfahrung gezogen werden kann, auch zur Möglichkeit derselben nicht erforderlich ist, seine objektive Realität durch nichts gesichert werden kann. Geschähe dieses aber auch; wie kann ich Dinge, die für Produkte göttlicher Kunst bestimmt angegeben werden, noch unter Produkte der Natur zählen, deren Unfähigkeit, dergleichen nach ihren Gesetzen hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr unterschiedene Ursache notwendig machte?