Die Prinzipien einer Wissenschaft sind derselben entweder innerlich, und werden einheimisch genannt (principia domestica); oder sie sind auf Begriffe, die nur außer ihr Platz finden können, gegründet, und sind auswärtige Prinzipien (peregrina). Wissenschaften, welche die letzteren enthalten, legen ihren Lehren Lehnsätze (lemmata) zum Grunde; d. i. sie borgen irgendeinen Begriff, und mit ihm einen Grund der Anordnung, von einer anderen Wissenschaft.
Eine jede Wissenschaft ist für sich ein System; und es ist nicht genug, in ihr nach Prinzipien zu bauen und also technisch zu verfahren, sondern man muß mit ihr, als einem für sich bestehenden Gebäude, auch architektonisch zu Werke gehen, und sie nicht wie einen Anbau und als einen Teil eines andern Gebäudes, sondern als ein Ganzes für sich behandeln, ob man gleich nachher einen Übergang aus diesem in jenes oder wechselseitig errichten kann.
Wenn man also für die Naturwissenschaft und in ihren Kontext den Begriff von Gott hereinbringt, um sich die Zweckmäßigkeit in der Natur erklärlich zu machen, und hernach diese Zweckmäßigkeit wiederum braucht, um zu beweisen, daß ein Gott sei: so ist in keiner von beiden Wissenschaften innerer Bestand; und eine täuschende Diallele bringt jede in Unsicherheit, dadurch, daß sie ihre Grenzen ineinanderlaufen läßt.
Der Ausdruck eines Zwecks der Natur beugt dieser Verwirrung schon genugsam vor, um Naturwissenschaft und die Veranlassung, die sie zur teleologischen Beurteilung ihrer Gegenstände gibt, nicht mit der Gottesbetrachtung und also einer theologischen Ableitung zu vermengen; und man muß es nicht als unbedeutend ansehen, ob man jenen Ausdruck mit dem eines göttlichen Zwecks in der Anordnung der Natur verwechsele, oder wohl gar den letztern für schicklicher und einer frommen Seele angemessener ausgebe, weil es doch am Ende dahin kommen müsse, jene zweckmäßigen Formen in der Natur von einem weisen Welturheber abzuleiten; sondern sich sorgfältig und bescheiden auf den Ausdruck, der gerade nur so viel sagt, als wir wissen, nämlich eines Zwecks der Natur, einschränken. Denn ehe wir noch nach der Ursache der Natur selbst fragen, finden wir in der Natur und dem Laufe ihrer Erzeugung dergleichen Produkte, die nach bekannten Erfahrungsgesetzen in ihr erzeugt werden, nach welchen die Naturwissenschaft ihre Gegenstände beurteilen, mithin auch deren Kausalität nach der Regel der Zwecke in ihr selbst suchen muß. Daher muß sie ihre Grenze nicht überspringen, um das, dessen Begriffe gar keine Erfahrung angemessen sein kann, und woran man sich allererst nach Vollendung der Naturwissenschaft zu wagen befugt ist, in sie selbst als einheimisches Prinzip hineinzuziehen.
Naturbeschaffenheiten, die sich a priori demonstrieren, und also ihrer Möglichkeit nach aus allgemeinen Prinzipien ohne allen Beitritt der Erfahrung einsehen lassen, können, ob sie gleich eine technische Zweckmäßigkeit bei sich führen, dennoch, weil sie schlechterdings notwendig sind, gar nicht zur Teleologie der Natur, als einer in die Physik gehörigen Methode die Fragen derselben aufzulösen, gezählt werden. Arithmetische, geometrische Analogien, imgleichen allgemeine mechanische Gesetze, so sehr uns auch die Vereinigung verschiedener dem Anschein nach voneinander ganz unabhängiger Regeln in einem Prinzip an ihnen befremdend und bewundernswürdig vorkommen mag, enthalten deswegen keinen Anspruch darauf, teleologische Erklärungsgründe in der Physik zu sein; und, wenn sie gleich in der allgemeinen Theorie der Zweckmäßigkeit der Dinge der Natur überhaupt mit in Betrachtung gezogen zu werden verdienen, so würde diese doch anderwärts hin, nämlich in die Metaphysik gehören, und kein inneres Prinzip der Naturwissenschaft ausmachen: wie es wohl mit den empirischen Gesetzen der Naturzwecke an organisierten Wesen nicht allein erlaubt, sondern auch unvermeidlich ist, die teleologische Beurteilungsart zum Prinzip der Naturlehre in Ansehung einer eigenen Klasse ihrer Gegenstände zu gebrauchen.
Damit nun Physik sich genau in ihren Grenzen halte, so abstrahiert sie von der Frage, ob die Naturzwecke es absichtlich oder unabsichtlich sind, gänzlich; denn das würde Einmengung in ein fremdes Geschäft (nämlich das der Metaphysik) sein. Genug es sind nach Naturgesetzen, die wir uns nur unter der Idee der Zwecke als Prinzip denken können, einzig und allein erklärbare, und bloß auf diese Weise ihrer innern Form nach, sogar auch nur innerlich erkennbare Gegenstände. Um sich also auch nicht der mindesten Anmaßung, als wollte man etwas, was gar nicht in die Physik gehört, nämlich eine übernatürliche Ursache, unter unsere Erkenntnisgründe mischen, verdächtig zu machen; spricht man in der Teleologie zwar von der Natur, als ob die Zweckmäßigkeit in ihr absichtlich sei, aber doch zugleich so, daß man der Natur, d. i. der Materie, diese Absicht beilegt; wodurch man (weil hierüber kein Mißverstand stattfinden kann, indem von selbst schon keiner einem leblosen Stoffe Absicht in eigentlicher Bedeutung des Worts beilegen wird) anzeigen will, daß dieses Wort hier nur ein Prinzip der reflektierenden, nicht der bestimmenden Urteilskraft bedeute, und also keinen besondern Grund der Kausalität einführen solle, sondern auch nur zum Gebrauche der Vernunft eine andere Art der Nachforschung, als die nach mechanischen Gesetzen ist, hinzufüge, um die Unzulänglichkeit der letzteren, selbst zur empirischen Aufsuchung aller besondern Gesetze der Natur, zu ergänzen. Daher spricht man in der Teleologie, so fern sie zur Physik gezogen wird, ganz recht von der Weisheit, der Sparsamkeit, der Vorsorge, der Wohltätigkeit der Natur, ohne dadurch aus ihr ein verständiges Wesen zu machen (weil das ungereimt wäre); aber auch ohne sich zu erkühnen, ein anderes, verständiges Wesen über sie, als Werkmeister, setzen zu wollen, weil dieses vermessen* sein würde: sondern es soll dadurch nur eine Art der Kausalität der Natur, nach einer Analogie mit der unsrigen im technischen Gebrauche der Vernunft, bezeichnet werden, um die Regel, wornach gewissen Produkten der Natur nachgeforscht werden muß, vor Augen zu haben.
Warum aber macht doch die Teleologie gewöhnlich keinen eigenen Teil der theoretischen Naturwissenschaft aus, sondern wird zur Theologie als Propädeutik oder Übergang gezogen? Dieses geschieht, um das Studium der Natur nach ihrem Mechanism an demjenigen festzuhalten, was wir unserer Beobachtung oder den Experimenten so unterwerfen können, daß wir es gleich der Natur, wenigstens der Ähnlichkeit der Gesetze nach, selbst hervorbringen könnten; denn nur soviel sieht man vollständig ein, als man nach Begriffen selbst machen und zustande bringen kann. Organisation aber, als innerer Zweck der Natur, übersteigt unendlich alles Vermögen einer ähnlichen Darstellung durch Kunst: und was äußere für zweckmäßig gehaltene Natureinrichtungen betrifft (z. B. Winde, Regen u. dgl.), so betrachtet die Physik wohl den Mechanism derselben; aber ihre Beziehung auf Zwecke, sofern diese eine zur Ursache notwendig gehörige Bedingung sein soll, kann sie gar nicht darstellen, weil diese Notwendigkeit der Verknüpfung gänzlich die Verbindung unserer Begriffe, und nicht die Beschaffenheit der Dinge, angeht.
* Das deutsche Wort vermessen ist ein gutes bedeutungsvolles Wort. Ein Urteil, bei welchem man das Längenmaß seiner Kräfte (des Verstandes) zu überschlagen vergißt, kann bisweilen sehr demütig klingen, und macht doch große Ansprüche, und ist doch sehr vermessen. Von der Art sind die meisten, wodurch man die göttliche Weisheit zu erheben vorgibt, indem man ihr in den Werken der Schöpfung und der Erhaltung Absichten unterlegt, die eigentlich der eigenen Weisheit des Vernünftlers Ehre machen sollen.